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Es erübrigt sich das Aufbieten einer Ambulanz

Donau-Krimi von Thomas Bornhauser Kapitel 1

Entspannte Stimmung bei Stephan Moser (42) und Claudia Lüthi (43), beide privat und beruflich liiert, als Mitglieder des Dezernats Leib und Leben bei der Kantonspolizei Bern, wie die Kriminalpolizei in Bern bezeichnet wird.

Die beiden hatten den IC1 um 10:32 Uhr am Berner Hauptbahnhof bestiegen, um via Zürich zum Schluss nach Passau zu fahren, durch zwei Übernachtungen in der bayrischen Hauptstadt unterbrochen. Ziel ihrer Hinreise: Eine Donau-Flussfahrt mit der Excellence Fantasia nach Budapest und retour. Laut Programm mit an Bord: Ein Krimiautor, der an mehreren Abenden aus seinen Büchern lesen und Hintergrundgeschichten erzählen würde. Motto der beiden echten Kriminalisten: Mal sehen, was alles mit der Wirklichkeit übereinstimmen wird…

Der Zug hatte gerade Aarau passiert, als es zu einem ungewohnten Zwischenfall in ihrem Bahnwagen kam. Ein Mann, schätzungsweise 50 Jahre alt, kam ihnen und allen anderen Fahrgästen im Gang taumelnd entgegen, hielt sich am Hals, stöhnte einige unverständliche Worte und fiel danach zuerst einem Passagier auf die Knie, danach zu Boden, wo er regungslos liegen blieb. Als hätte es einen offiziellen Startschuss gegeben, standen alle Reisenden auf, um ja nichts zu verpassen.

«Lassen Sie uns bitte durch», sagte Stephan Moser mit Nachdruck, worauf sich eine kleine Gasse bildete, so dass er sich neben den Bewusstlosen niederknien konnte. Er drehte ihn zur Seite und sofort ging seine rechte Hand an den Hals des Mannes. Mit einem Blick von unten nach oben fragte er nach einem Arzt. Als sich niemand meldete, begann er zu schreien: «Dann sucht bitte einen in einem anderen Wagen! Gibt es irgendwo einen Defibrillator? Claudia, du bleibst hier.» Mit diesen Worten und einer Geste deutete er, dass Claudia Lüthi sich zum ihm niederbeugen sollte.

«Kein Puls mehr. Gibt es keinen Defi?», fragte Moser.

«Bis jetzt nicht. Soll ich suchen gehen?»

«Nein, bleib hier, ich beginne jetzt mit der Herzmassage», worauf er den Mann auf den Rücken drehte. Riechst Du etwas?»

«Ja, Stephan. Bittermandelgeruch. Blausäure, Cyanid?»

«Ja, denke ich auch. Was ist denn hier los?»

Augenblicke später traf ein Arzt ein, mit der Frage, was passiert sei. Noch bevor Stephan Moser antworten konnte, befahl der Ermittler alle Reisenden in einen anderen Wagen. Er stellte sich danach vor. Inzwischen war auch eine Zugbegleiterin eingetroffen, die einerseits einen Defi brachten und andererseits die Passagiere in andere Wagen begleitete, auf der Suche nach freien Plätzen, so dass einige Sitzende ihren Nebenplatz von Rucksäcken und Taschen räumen mussten, meistens von einem deutlich hörbaren Murren begleitet.

Was man wissen muss: Im Prinzip sind die Zugbegleiter verpflichtet, den Dienstweg einzuhalten und eine Ambulanz bei der Betriebszentrale in Olten zu ordern, notfalls mit dem Halt an einer Bahnstation, die nicht dem normalen Fahrplan entspricht.

«Herr Doktor, wohin sollen wir die Ambulanz bestellen?»

«Frau… Entschuldigen Sie, ich kann Ihr Namensschild nicht lesen.»

«Bütikofer, Elena Bütikofer.»

«Frau Bütikofer, die Ambulanz erübrigt sich, der Mann ist tot», was die Zugbegleiterin ihre Hände vor dem Gesicht zusammenschlagen liess, mit einem hörbaren «Jesses Gott!»

«Frau Bütikofer», meldete sich deshalb Stephan Moser, «lassen Sie den Zug in Zürich räumen, bieten Sie die Kantonspolizei Zürich auf.»

«Wie stellen Sie sich das vor?»

«Ganz einfach, so wie die SBB ganz normale Zugsausfälle auch meldet, wegen einer technischen Störung. Oder so.»

Elena Bütikofer blieb nichts anderes übrig, als die Betriebszentrale in Olten zu informieren. Als die Komposition eine halbe Stunde später am Hauptbahnhof Zürich geräumt war, wurde der Zug auf ein Abstellgeleise gefahren, damit der Kriminaltechnische Dienst KTD der Kantonspolizei Zürich seine Arbeit in Ruhe aufnehmen konnte. Gross war das Erstaunen zweier Spezialisten des KTD, als sie in einer Toilette einen gefesselten und bewusstlosen Mitarbeiter der Minibar vorfanden. Wieder bei Bewusstsein, berichtete er den Ermittlern von zwei Männern, «vermutlich Russen», die ihn überfallen und in den Raum gesperrt hätten.

Die Rechtsmedizinerin stellte ihrerseits wenig später fest, dass ein Becher mit Coca-Cola auf der Abstellfläche neben einem Sitzplatz mit Cyanid «angereicht» worden war, was Stephan Moser von einem «Zyan-Cola» sprechen liess. Der Tote wurde wenig später als Aleksandr Krutow aus Sankt Petersburg identifiziert, von Interpol wegen Wirtschaftskriminalität zur Fahndung ausgeschrieben. Unschwer zu erraten, dass die beiden Unbekannten in Zürich ebenfalls ausgestiegen waren, so dass alle Videoaufzeichnungen der aussteigenden Passagiere von Spezialisten hätten überprüft werden müssen; keine Arbeit, die sich in kurzer Zeit erledigen liess. Nur – aber das konnte niemand wissen: Die beiden Auftragsmörder, von einem russischen Oligarchen auf Krutow angesetzt, weil er von Krutow übers Ohr gehauen worden war, sassen bereits startklar auf ihren Flugplätzen in Richtung Wien, um von dort nach Moskau weiterzufliegen.

Und unsere beiden Berner? Sie erreichten München schliesslich mit zwei Stunden Verspätung. Es sollte übrigens nicht die einzige Überraschung während ihrer Reise bleiben.

Fortsetzung folgt....

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